Die Europäische Union hat mit der neuen Instant Payment Verordnung einen bedeutenden Schritt in Richtung schnellerer und sichererer Zahlungssysteme gemacht. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU am 19. März 2024 und dem Inkrafttreten am 8. April 2024 wird eine neue Ära des Zahlungsverkehrs eingeleitet – sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen.
Die Verordnung verpflichtet Zahlungsdienstleister innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, ihren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit anzubieten, rund um die Uhr Überweisungen in Echtzeit durchzuführen – und das in maximal zehn Sekunden. Für Unternehmen bedeutet dies weitreichende Umstellungen, aber auch große Chancen.
Hintergrund und Zielsetzung der EU-Verordnung zu Instant Payments
Die Europäische Kommission verfolgt mit der Verordnung (EU) 2024/886 über Sofortzahlungen (Instant Payments) das Ziel, den europäischen Zahlungsverkehr zu modernisieren, wettbewerbsfähiger zu gestalten und die Abhängigkeit von außereuropäischen Zahlungslösungen wie Visa oder Mastercard zu verringern.
Warum Instant Payments?
Traditionelle SEPA-Überweisungen benötigen häufig bis zu einem Werktag – in manchen Fällen sogar länger. In einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft entspricht das nicht mehr den Anforderungen von Unternehmen und Verbrauchern. Mit Instant Payments können Gelder innerhalb von Sekunden auf das Empfängerkonto überwiesen werden – 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr.
Die wichtigsten Ziele der Verordnung:
- Förderung des digitalen Binnenmarkts in der EU
- Stärkung der strategischen Autonomie Europas im Finanzsektor
- Verbesserung des Cashflows für Unternehmen durch schnelleren Zahlungseingang
- Mehr Wettbewerb und Transparenz im Markt für Zahlungsdienstleistungen
Die Verordnung sieht eine verpflichtende Einführung vor – keine Option. Banken und Zahlungsdienstleister müssen ihre Systeme entsprechend anpassen.
Wer ist betroffen und was wird verpflichtend?
Die neue Verordnung betrifft sämtliche Zahlungsdienstleister mit Sitz in der EU oder dem EWR, also insbesondere:
- Geschäftsbanken
- Sparkassen
- FinTechs und Neobanken
- Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute
Auch Unternehmen, die eigene Zahlungslösungen anbieten oder entwickeln, müssen sich auf die neuen technischen und regulatorischen Anforderungen einstellen.
Pflichten der Zahlungsdienstleister
- Annahme und Ausführung von Instant Payments
- Jede Bank, die SEPA-Zahlungen anbietet, muss ab einem bestimmten Stichtag auch die Ausführung von Instant Payments ermöglichen – für ein- und ausgehende Zahlungen.
- Preisgleichheit mit Standardüberweisungen
- Gebühren für Echtzeitüberweisungen dürfen nicht höher sein als für Standard-SEPA-Überweisungen.
- Sicherheitsmaßnahmen & IBAN-Namensprüfung
- Eine verpflichtende Kontonamensprüfung soll das Betrugsrisiko senken. Bevor eine Instant Payment-Transaktion ausgeführt wird, muss der Zahlungsempfänger anhand von Name und IBAN verifiziert werden.
- Informationspflichten gegenüber Kunden
- Zahlungsdienstleister müssen ihre Kunden informieren, ob und wann Instant Payments verfügbar sind – inklusive möglicher Gebühren und Bedingungen.
Umsetzungsfristen
Die EU-Verordnung sieht gestaffelte Fristen vor:
- Für EU-Mitgliedstaaten mit Euro als Landeswährung gelten kürzere Fristen:
- Annahme von Echtzeitüberweisungen: ab Oktober 2025
- Ausführung von Echtzeitüberweisungen: ab Januar 2026
- Für Mitgliedstaaten mit anderen Währungen gelten längere Übergangsfristen.
Für Unternehmen bedeutet dies: Die Umstellung ist nicht optional – sondern Pflicht. Entsprechende Schnittstellen, Systeme und Buchhaltungsprozesse müssen angepasst werden.
Vorteile und Herausforderungen für Unternehmen
Die Einführung der Instant Payment Verordnung birgt für Unternehmen enorme Potenziale, bringt aber auch einige Herausforderungen mit sich.
Vorteile auf einen Blick
- Besserer Cashflow: Unternehmen erhalten ihr Geld sofort – das verbessert die Liquidität.
- Effizientere Prozesse: Zahlungsbestätigungen in Echtzeit ermöglichen schnellere Lieferfreigaben, Auftragsverarbeitung und Buchungen.
- Weniger Zahlungsausfälle: Durch die direkte Verfügbarkeit der Zahlung können Leistungen erst nach Zahlungseingang erbracht werden.
- Wettbewerbsvorteil: Wer seinen Kundinnen und Kunden schnelle Zahlungsoptionen bietet, erhöht die Kundenzufriedenheit und Marktreputation.
- Automatisierte Workflows: In Verbindung mit ERP-Systemen oder Online-Shops können Prozesse wie Rechnungsstellung, Mahnwesen und Zahlungsabgleich automatisiert werden.
Herausforderungen und notwendige Anpassungen
- IT-Infrastruktur: Zahlungsprozesse müssen in Echtzeit verarbeitet werden können – inklusive Sicherheitsmaßnahmen, Logging, Monitoring und Ausfallsicherheit.
- Kompatibilität mit ERP- und Buchhaltungssystemen: Viele Unternehmen arbeiten mit Systemen, die noch nicht auf Echtzeitzahlungen ausgelegt sind.
- Risikomanagement: Schnellere Zahlungen erfordern ein schnelleres Betrugs- und Risikomanagement. Die IBAN-Prüfung hilft, ist aber nicht allein ausreichend.
- Kosten für technische Umsetzung: Auch wenn die Transaktionskosten sinken, müssen zunächst Investitionen in Technik, Schulung und Prozesse getätigt werden.
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollten sich frühzeitig mit Zahlungsdienstleistern und Softwareanbietern abstimmen, um von Anfang an regelkonform und effizient zu arbeiten.
Was Unternehmen jetzt tun sollten – Handlungsempfehlungen
1. Zahlungsprozesse analysieren
- Welche Zahlungsarten nutzen Sie heute?
- Wie lange dauert es bis zur Gutschrift?
- Welche Systeme sind daran beteiligt (z. B. Online-Shop, ERP, Banking-Software)?
2. Partner und Dienstleister prüfen
- Unterstützt Ihre Bank bereits Instant Payments?
- Welche Zahlungsdienstleister bieten Instant-Zahlungen API-basiert an?
- Ist Ihre Buchhaltungssoftware vorbereitet?
3. Systeme auf Echtzeitfähigkeit prüfen
- Können Buchungssysteme, ERP-Module und Banking-Lösungen mit Instant Payments umgehen?
- Sind automatische Zahlungszuordnung und Echtzeit-Mahnwesen möglich?
4. Sicherheitskonzepte überarbeiten
- Wie wird geprüft, ob der Zahlungsempfänger korrekt ist?
- Gibt es Prozesse zur Betrugsvermeidung, wenn Zahlungen innerhalb von Sekunden erfolgen?
5. Mitarbeiter schulen und Prozesse anpassen
- Sind Buchhaltung und Kundenservice auf Echtzeitzahlungen vorbereitet?
- Müssen Vertragsbedingungen (z. B. Zahlungsziel) angepasst werden?
Je früher Unternehmen starten, desto einfacher und kostengünstiger lässt sich die Umstellung realisieren – und desto schneller profitieren sie von den Vorteilen der neuen Zahlungslogik.
Fazit: Echtzeitüberweisungen sind gekommen, um zu bleiben
Die EU-Instant Payment Verordnung stellt einen Wendepunkt im Zahlungsverkehr dar. Die Zeit verzögerter Zahlungen neigt sich dem Ende zu – sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich.
Unternehmen, die rechtzeitig reagieren, sich technologisch vorbereiten und ihre internen Prozesse anpassen, können von Effizienzgewinnen, besserer Liquidität und neuen Geschäftsmodellen profitieren. Wer zu spät kommt, riskiert Nachteile im Wettbewerb und regulatorische Probleme.
Instant Payments sind nicht nur ein technologisches Upgrade – sie sind ein strategischer Hebel für die digitale Transformation des Finanzwesens in Europa.